In einem unserer letzten Blogartikel haben wir uns bereits dem Thema „Agile Leadership“ gewidmet. Als Faustregel beschreiben wir dort, dass „Agilität immer dann Sinn macht, wenn es das Ziel ist Innovationen zu forcieren“. In den Köpfen vieler ist daher der agile Zugang sehr stark mit IT bzw. Softwareentwicklung verbunden. Denkt man den agilen Gedanken jedoch zu Ende, erkennt man, dass es agile Modelle ermöglichen auch viele andere Bereiche im Unternehmen flexibler und zielgerichteter zu bearbeiten, um so auf die Herausforderungen einer sich stetig ändernden Welt einzugehen. Einer dieser Bereiche ist das Marketing.

 

Veraltete Strukturen im Marketing

Marketingorganisationen sind auch im Jahr 2021 noch in vielen Unternehmen in eine funktionale bzw. hierarchische Organisationsstruktur eingebettet. Unter anderem deshalb, weil es Unternehmen bis dato schwer fällt sich von der Denke zu lösen, dass die Kernaufgabe ihrer Leader:innen darin besteht, Kontrolle über ihre Mitarbeiter:innen auszuüben. Rigide Planung, strenge Vorgaben und limitierter Gestaltungsspielraum prägen nicht selten den Arbeitsalltag der Marketeers. Diese Rahmenbedingungen führen vielfach dazu, dass einzelne Abteilungen bzw. Teams in siloartigen Strukturen, mit streng abgegrenzten Kompetenz- und Aufgabenbereichen, nebeneinander arbeiten, ohne notwendigerweise ein gemeinsames unternehmerisches Ziel zu verfolgen. 

 

Der erste Schritt: cross-functional Marketingteams

Mit der steigenden Bedeutung von digitalen Touchpoints und Kund:inneninteraktionen wurden über die vergangenen Jahre immer neue Rollen und Kompetenzen in die Marketingteams integriert. Neben bekannten Rollen wie jenen von Grafiker:innen, Texter:innen oder Projektmanager:innen finden sich heute auch oft schon SEO-Geeks, UX-Designer:innen, HTML-Developer:innen oder Analytics-Verantwortliche in Marketingteams.

 

Auf die Rahmenbedingungen kommt es an

Leider verabsäumen es viele Unternehmen diesen hoch gefragten Expert:innen jene Rahmenbedingungen zu bieten, die sich diese von attraktiven Arbeitgeber:innen erwarten. Und nein, dabei geht es meist nicht um den monetären Aspekt – eine antiquierte Kultur und mangelnde Leadership sind die Hauptgründe für Unzufriedenheit unter den Mitarbeiter:innen und damit für erhöhte Fluktuation. Die Aufgabe für erfolgreiche Business-Leader:innen muss es also sein, ein wertschätzendes, positives Arbeitsumfeld zu schaffen, das den organisatorischen Rahmen für Verantwortung, Selbstbestimmung und Teamarbeit bietet.

Genau diese Rahmenbedingungen sind jedoch nicht nur die Basis für eine gut funktionierende Organisation, sondern auch für den langfristigen unternehmerischen Erfolg. Bedingungslose Kund:innenzentrierung, auch „Customer Obsession“ genannt, gilt als DER kritische Erfolgsfaktor im modernen Marketing. Sowohl organisatorisch als auch kulturell eignen sich agile Modelle hervorragend, um den sich stetig ändernden Kund:innenwünschen zu entsprechen.

 

Wie schafft man den Wechsel zum agilen Marketing-Setup?

Aus organisatorischer Sicht gibt es verschiedene Zugänge zur Bildung agiler Teams. „Practice over Process“ steht im agilen Manifest an erster Stelle und sollte auch bei der Etablierung agiler Strukturen im Marketing höchste Priorität haben. Um jedoch nicht ganz bei Null zu beginnen, kann das sogenannte Spotify-Modell als Basis für agile Organisationsentwicklung dienen. Die Verantwortlichen des schwedischen Musikstreamingdienstes geben zwar selbst an, dass es nie ihr Ziel war ein allgemeingültiges Framework zu schaffen, trotzdem ist es ihnen gelungen ein sich stetig weiterentwickelndes Format zu entwickeln, das sich mit dem Wachstum des Unternehmens und den geänderten Rahmenbedingungen auch kontinuierlich verändert.

Das Spotify-Modell
Das Spotify-Modell

 

Bericht aus der Praxis: agiles Marketing

Ich selbst war vor geraumer Zeit damit befasst agile Methoden in einer bestehenden Marketingorganisation einzuführen.

Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 25 Personen direkt mit verschiedenen marketingtechnischen Aufgaben betraut, die als traditionell strukturierte Projekte in Teams von 3 bis 10 Personen umgesetzt wurden. Als größte Herausforderung, v.a. bei komplexen Projekten, konnten die sich schnell ändernden Rahmenbedingungen identifiziert werden. Dies hatte zur Folge, dass Projektpläne schnell obsolet wurden, Aufgaben täglich neu verteilt werden mussten und eine stetige Stresssituation die Performance der Mitarbeiter:innen negativ beeinflusste

 

Digitale Lösungen für die Zusammenarbeit

Vor diesem Hintergrund wurde auf Managementebene die Entscheidung getroffen, bei der Durchführung von Projekten künftig auf agile Methoden zu setzen. Die ersten Monate waren durchaus schwierig, stetiges Experimentieren und Arbeiten am Prozess zeigten aber relativ schnell positive Effekte. Anfangs wurde versucht, Tasks auf einem physischen KANBAN-Board, das im Büro aufgehängt wurde, zu managen. Die Tatsache, dass einige Mitarbeiter:innen, beispielsweise die Project Owner, viel Zeit außerhalb des Büros beim Kund:innen verbrachten, war bereits in der Zeit vor COVID-19 ein Hemmnis für die analoge Lösung – und die neue Situation mit vielen Mitarbeiter:innen im Homeoffice verstärkte die Notwendigkeit einer digitalen Lösung zusätzlich. Schnell wurde klar, dass der analoge Zugang unzureichend ist, daher wurde von einer weiteren Verwendung des Boards abgesehen und auf eine digitale Lösung gesetzt. Nach dem Vergleich mehrerer Tools fiel die Entscheidung auf wrike.com, eine browserbasierte Lösung, deren Vorteile vorwiegend im Taskmanagement sowie dem kollaborativen Arbeiten liegen.

 

Geduld bei der Umstellung

Die Eingangsphase war holprig, da es die Teammitglieder nicht gewohnt waren in einem solchen Tool zu arbeiten, dementsprechend fand ein großer Teil der Kommunikation nach wie vor via E-Mail statt. Nach einem Zeitraum von ca. 3 Monaten konnte der Prozess aber bereits vollständig über das Tool abgewickelt werden. Aussagen von Teammitgliedern, wie „Kommunikation bitte nicht über E-Mail, sondern nur mehr über Wrike“, illustrieren, dass der Prozess tatsächlich verinnerlicht wurde. Die Tatsache, dass zwei Mitarbeiter:innen zu SCRUM-Mastern ausgebildet wurden, hat die Implementierung zweifelsohne erleichtert. 

 

Die Zukunft ist agile

Marketing per se, und somit auch die Marketingorganisationen, sind stark im Wandel begriffen –  was definitiv für den Einsatz agiler Methoden und Organisationsformen spricht. Mangelnde Planbarkeit, hohe Komplexität und die Notwendigkeit sich immer stärker am Kund:innen auszurichten machen ein agiles Mindset de facto zu einem Muss, um auch weiterhin wirtschaftlich erfolgreich sein zu können.